Krisenintervention

Vortrag

Do, 12.09.2024
16.00-17.00 UhrRaum 3.02

Human Factors im schulischen Notfall- und Krisenmanagement

ABSTRACT: Schulisches Notfall- und Krisenmanagement ist mit vielen besonderen Herausforderungen verbunden. In der Regel sind z. B. sehr viele Menschen vom jeweiligen Geschehen betroffen, und es besteht eine starker Handlungsdruck – bei einer gleichzeitigen Erschütterung und Verunsicherung des gesamten Systems. Um auf die individuell sehr unterschiedlichen Bedarfe und Bedürfnisse innerhalb einer Schulgemeinde angemessen reagieren zu können, sind ebenso unterschiedliche Interventionsstrategien angebracht. Die in den meisten Bundesländern inzwischen vorliegenden Notfall- und Krisenordner geben zu all diesen Aspekten wertvolle Hinweise und Handlungsempfehlungen.
In Auswertungen und kritischen Nachbetrachtungen von Notfällen und Krisen in Schulen [1, 2, 3] hat sich jedoch gezeigt, dass insbesondere auch die Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteurinnen und Akteure mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein kann. So kommen regelmäßig Fachkräfte zum Einsatz, die unterschiedlichen Berufsgruppen und Professionen angehören. Damit verbunden sind nicht nur individuelle Kompetenzen und Erfahrungen, sondern eben auch voneinander abweichende mentale Modelle, Handlungslogiken, Bewertungen, Erwartungshaltungen und Prioritätensetzungen. Insbesondere dann, wenn Aufgaben, Zuständigkeiten sowie die Gestaltung von Schnittstellen und von Prozessen der Entscheidungsfindung im Vorfeld nicht optimal reglementiert worden sind, kann das interprofessionelle Miteinander im schulischen Krisenmanagement dadurch belastet und effektives Handeln deutlich beeinträchtigt werden.
Die vorliegenden Notfall- und Krisenordner klären also überwiegend sachlich-fachliche Fragestellungen, während die Beziehungsebene zwischen den involvierten Menschen weitgehend unbeachtet bleibt. Dies ist auch als ein Grund dafür zu betrachten, dass trotz sorgfältig ausgearbeiteter Checklisten und Einsatzkonzepte im schulischen Notfall- und Krisenmanagement nicht immer alles optimal verläuft.
Vor diesem Hintergrund sollen im Vortrag Erkenntnisse aus mehreren Evaluationssprojekten vorgestellt werden, in denen zwischenmenschliche Aspekte im schulischen Krisenmanagement besonders betrachtet worden sind [1, 2, 3]. Auch wird auf Forschung zu „human factors“ und zur Fehlerprävention in anderen Handlungsfeldern eingegangen [4].
Im Ergebnis werden konkrete Handlungsempfehlungen gegeben, um Reibungsverluste und Konflikte im schulischen Notfall- und Krisenmanagement zu vermeiden, die Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure zu verbessern und das schulische Notfall- und Krisenmanagement insgesamt weiterzuentwickeln. Hier geht es um zusätzliche präventive Maßnahmen und systematische Auswertungen im Nachhinein, aber auch um klärende und medisierende Akut-„Interventionen“ während eines Notfall- bzw. Krisengeschehens.

 

Literatur
1. Blank-Gorki, V., Karutz, ABSTRACT., Helmerichs, J. (2017). Evaluation der Psychosozialen Notfallversorgung nach dem Amoklauf in Winnenden/Wendlingen. Abschlussbericht. Wissenschaftsforum Band 13. Bonn: Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
2. Karutz, ABSTRACT., Tinla, M., Posingies, C., Karutz, A. (2022). Dokumentation des kommunalen psychosozialen Krisenmanagements während der Coronavirus-Pandemie in Mülheim an der Ruhr (DoKoPsy). Unveröff. Abschlussbericht im Auftrag des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
3. Karutz, ABSTRACT., Posingies, C., Dülks, J. (2022). Vulnerabilität und Kritikalität des Bildungswesens in Deutschland. Eine Betrachtung aus Sicht des Bevölkerungsschutzes. Abschlussbericht. Forschung im Bevölkerungsschutz, Band 31. Bonn: Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

4. Künzer, L., Hofinger, G., Mähler, M. (2016). Einfluss individueller Human Factors auf Stabsarbeit. In: Hofinger, G., Heimann, R. (eds) Handbuch Stabsarbeit. Springer, Berlin, Heidelberg.

Prof. Dr. Harald Karutz - Medical School Hamburg (MSH), Institut für Psychosoziales Krisenmanagement

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